Nur noch „amtierender Landeshauptmann“?

Christopher Drexler hat als ÖVP-Klubobmann in einem wüsten, langen Konflikt mit der SPÖ Franz Voves über Jahre hinweg abschätzig als „nur noch amtierenden Landeshauptmann“ bezeichnet. Nun könnte am Wahlabend des kommenden Sonntag seine Wortschöpfung auch für ihn persönlich zutreffen. Der Druck, der auf ihm lastet, ist enorm. Seine Partei, die steirische ÖVP, erwartet, dass er sie wieder zur stimmenstärksten Partei macht und Drexler selbst praktisch dann alle Chancen hat, Erster und damit Landeshauptmann zu bleiben. Und er nicht dem blauen Spitzenkandidaten Mario Kunasek den Vortritt lassen muss. „Das wäre für uns ganz schlimm“, so ein Mitglied aus dem ÖVP-Vorstand.
In allen Meinungsumfragen liegt Drexler jedoch hinter der FPÖ mit Spitzenkandidat Mario Kunasek. Der persönlich nicht viel dazu beigetragen hat, sondern wie 2019 Hermann Schützenhöfer im Sog der Erfolgs von Sebastian Kurz – bei Kunasek ist es Herbert Kickl –, mit der FPÖ an die Spitze gespült, sprich gewählt wird. Dabei werden auch die Fehler aus der Corona-Zeit im Wahlergebnis „eingepreist“ sein.

Diese Belastung, dieser psychische Ausnahmezustand – werde ich es schaffen? – war aus Drexlers Mimik bei all den Diskussionen der Spitzenkandidaten abzulesen. Seine noch stärker nach unten fallenden Mundwinkel waren ein deutliches Signal. Zuversicht und Optimismus sehen anders aus. Die ÖVP könnte ihre Plakatwerbung für Drexler vervielfachen, er würde damit – abgesehen vom ÖVP-Stammpublikum – den Wählern nicht vertrauter und näher kommen. Es gehe ihm immer um die Menschen, lautet seine nichtssagende Standardfloskel. Als ob es bei der Wahl um etwas anderes ginge.
Nur mühsam verbirgt Drexler seine Verärgerung, wenn ihm die Opposition vorwirft, die ÖVP hätte bei vielen wichtigen Weichenstellungen, bei Themen wie Kinderbetreuung, Gesundheit, künftige Standortpolitik, zu wenig getan oder diese gar ganz verschlafen zu haben. So reagiert kein Landeshauptmann, der Zuversicht ausstrahlt. Klar, ein Verbleib an der Spitze würde ihn zum glücklichsten Menschen am Sonntag Abend machen.

Ein Machtwechsel würde Mario Kunasek am Sonntag besonders jubeln lassen, könnte er doch nach Jörg Haider zum ersten blauen LH in der Steiermark werden. Wie immer die Wahl für die SPÖ ausgeht, Anton Lang hat nach seinem Gefühl gute Karten. Denn die SPÖ werde, so heißt es, als Partner in der Landesregierung in jedem Fall gebraucht. Denn schafft die FPÖ den ersten Platz, dann ist Drexler als Landeshauptmann Geschichte.
Er könnte als (Bildungs-)Minister in der künftigen Koalition in Wien ein Platzerl bekommen. Da er als Vize-LH nicht zur Verfügung steht, wie er schon im Jänner in einem Interview festhielt. Der neuerlichen dahingehenden Frage in den Diskussionen wich Drexler aus. Seine Nachfolgerin in der Steiermark könnte dann aber Barbara Eibinger-Miedl heißen.

Aber auch Mario Kunasek gab keine klare Antwort, ob er aufgrund des FPÖ-Finanzskandals mit einem Schaden von 1,8 Millionen Euro in der Steiermark überhaupt ein verlässlicher Partner sei. Er selbst wird ja dort auch noch immer als Beschuldigter geführt. Diese Frage werde ihm bei jedem Interview gestellt, ging Kunasek nicht wirklich auf die Thematik ein. Die logische Reaktion des Moderators, dass dies so sei, weil Kunasek bis heute keine ausreichenden Antworten über die wirklichen Hintergründe lieferte, die ihm aber bekannt sind, blieb leider aus
Denn er äußerte sich nie dazu, dass Mario Eustacchio als Ex-FPÖ-Vizebürgermeister und stellvertretender Landesparteichef als einer der Verursacher und Hauptbeschuldigten im Finanzskandal nur deshalb wieder im Grazer Gemeinderat sitzen kann, weil ein FPÖ-Gemeinderat (mit dem Kunasek befreundet ist) sein Mandat zurückgelegt hat. Die nächste Chance, wirklich ausreichend zur Aufklärung des Steuermittelmissbrauchsskandals beizutragen, wird der blaue Wahlsieger Mario Kunasek auch am kommenden Sonntag vorübergehen lassen.
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