Es ist traurig …
Gestern (6.4.) brachte der ORF Steiermark in der Radio-Sendung „Lesezeit“ ein Gespräch von Franz Neger mit dem Historiker Stefan Karner anlässlich dessen Buchpräsentation „Gauleiter Uiberreither“ (Leykam Verlag).
Die Musik zu dieser Spezialsendung – eine Art Trauerstunde – passt dazu. Schade, dass da eine weitere Chance zur einer umfassenderen Aufklärung mit weiteren – da und dort verlässlicheren – Quellen nicht genutzt wurde.
Woraus Stefan Karner – abgesehen vom Buch – da zitiert, wäre interessant gewesen zu erfahren.
Da gibt es verlässliche, historische Dokumentationselemente – in Gerichtsprozessen angeführt – über Siegfried Uiberreithers zweites Leben in Europa. Nicht in Südamerika. Da gibt es nicht zuletzt auch einen Auftritt im Jahr 1998 von Siegfried Uiberreithers Witwe Käte. Am Retzhof in der Steiermark.
Ihr Mann war 1984 in Deutschland verstorben. Damals machte der ORF sogar ein Interview mit ihr, das allerdings nie gesendet wurde. Anlass war eine Diskussion mit steirischen Widerstandskämpfern.
Da gibt es eine Dauerausstellung im Museum für Geschichte in Graz über die Nazis. An deren Beginn steht ein vernichtendes Zitat über die Juden von Gauleiter Uiberreither. Da schwadroniert Ihr Gast Stefan Karner über Uiberreithers Zurückhaltung betreffend die Juden. Soviel zur Glaubwürdigkeit dazu.
Da gibt’s einen großen Report aus dem Jahr 2008 in der Zeitschrift „Korso“ über Uiberreithers zweites Leben. Alles historisch korrekt. Über das Leben der Familie in Sindelfingen.
Und dann macht ein Stefan Karner 17 Jahre später daraus auf seine Art eine „Sensation“ in seinem Buch. Als wäre er der „Erste“, der dieses Kapitel schreibt. Wiewohl dokumentiert ist, dass Heimo Halbrainer, sein Kollege aus Graz, die ersten Kontakte nach Sindelfingen (auch zur Familie) wegen Uiberreither geknüpft hat. Halbrainer, der ein Projekt in der Historischen Kommission des Landes darüber initiierte, sich aber dann zurückzog. Warum wohl?
Ein Detail über die Verlässlichkeit von Stefan Karners „Recherchen“: Uiberreither ließ Josef Krainer Vater am 12. März 1938 (Hitlers Einmarsch in Österreich) als Polizeidirektor verhaften. Nachzulesen im Buch auf Seite 45. Dieser war indirekt Uiberreithers interner Vorgesetzter als Regierungskommissär in der Versicherung der Landarbeiterkammer. Weiter hinten bei den Porträts im Anhang des Buches schreibt Karner dann aber: Uiberreither hätte als Polizeipräsident von Graz (-Direktor) interveniert, Krainer zu enthaften …?
Nein, nicht weil wir vom KLIPP die besseren Rechercheure sind, sondern weil Journalismus schon darin besteht, dass man möglichst mehrere Quellen versucht zu erschließen. Gerade bei einer „Spezialsendung“.
In der Steiermark, aber auch außerhalb, gibt es Historiker, die mit mehr Balance und Distanz zu Uiberreithers Gräueltaten und Morden, zu seinen zwei Leben, mit ihrem Wissen beitragen könnten.
Es wäre auch interessant gewesen, zu erfahren, warum Stefan Karner erst 40 Jahre nach seiner ersten Kenntnis über Uiberreithers zweites Leben sein in den letzten Jahrzehnten „angehäuftes Wissen“ so selektiv veröffentlicht. Uiberreither, der speziell die Partisanen in der Südsteiermark verfolgen ließ und da auch persönlich mit der Waffe im Einsatz war. Auch ein Josef Krainer musste gegen Kriegsende als Partisan dort untertauchen, um zu überleben.
JL
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